Zu Pfingsten 2007 verbrachte ich mehrere Tage in Kutná Hora (Kuttenberg). Neben der sehenswerten Architektur interessierte ich mich besonders für den Bergbau, mit dem Stadt reich geworden war. An einem Vormittag besuchte ich das Silbermuseum im Hrádek und wanderte anschließend durch das Silberbergwerk von Kutná Hora.
Das Silberbergwerk in Kutná Hora
Und das ‚hautnah‘ war ernst gemeint, denn im Rahmen einer Führung sollte ich dann noch relativ oft Kontakt mit den engen Stollenwänden bekommen.
Die Führung begann im Hrádek (Foto), der alten Burg von Kutná Hora. Hier war das böhmische Silbermuseum untergebracht. Ein guter Ort, denn Kutná Hora war durch Silberbergbau reich geworden.
Nach einigen Schauräumen in der Burg spazierten wir ins Freie und kamen zu mehreren rekonstruierten Bergbauanlagen aus Holz. In diesen wurden wir mit weißen Mänteln, Helmen und Grubenlampen ausgestattet.
In diesem Aufzug zogen wir durch die Straßen von Kutná Hora und wirkten wie Erstsemestrige bei einem merkwürdigen Einweihungsritus. Unser Ziel war jene Stelle, wo sich der Einstieg in das mittelalterliche Bergwerk befand.
Der Einstieg (die Einfahrt)
Während früher die Bergleute über kompliziertes Leiterwerk in die Stollen einfuhren, hatten wir bequeme Steintreppen zur Verfügung. Aber je weiter wir nach unten gingen, umso feuchter wurde der Stein.
Dann waren wir auf der Ebene angelangt, wo es in die Stollen hinein ging. Die stammten aus dem 13. bis 15. Jahrhundert. Sie wurden lediglich in den Stein getrieben, Stützen oder Balken gab es nicht. Na fein.
Beleuchtung gab es auch keine, nur unsere Grubenlampen spendeten Licht. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass eine nicht vorhandene Beleuchtungsanlage wenigstens nicht ausfallen könne, und marschierte fröhlich in der Mitte der Gruppe mit.
Was anderes hätte ich ohnehin nicht tun können. Rasch war der Stollen so eng geworden, dass ein Stehen bleiben oder ein Umdrehen nicht mehr ohne Zustimmung der Gruppe möglich gewesen wäre.
Vorne erklärte die Führerin allerlei über das Leben der Bergleute; hinten versuchten wir, nicht all zu oft mit unseren Helmen die Stollendecke zu behämmern.
Laut unserer Führerin war früher der Auf- und Abstieg in den Stollen so mühselig und langwierig, dass die Bergleute oft im Bergwerk übernachteten. Meine Hochachtung für Bergleute stieg, je tiefer wir kletterten.
Moose, die kein Licht brauchen
An einer Stelle hielten wir kurz inne, um ein Biotop zu betrachten, dass sich trotz Dunkelheit im Stollen gebildet hatte. Um ehrlich zu sein, ich sah genau nichts. Bei den angesprochenen Pflanzen sollte es sich um ein Moos gehandelt haben.
An einer weiteren Stelle überbrachte uns die wackere Dame an der Gruppenspitze eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute: Wir haben den engsten Bereich des Stollens (40 cm) bereits hinter uns. Die Schlechte: Die niedrigste Stelle besteht uns aber noch bevor.
Diese kam dann auch bald und das Gehen war nur mehr in einer leichten Hocke möglich. Ich begann die älteren Damen und Herren in der Gruppe zu bewundern, die das Tempo klaglos mithielten.
Und plötzlich war es stockdunkel
Dann kam der Höhepunkt der Führung. Wir wurden gebeten unsere Lampen auszuschalten. Erwartungsgemäß wurde es stockfinster und die Führerin erklärte uns, dass an dieser Stelle die Bergleute in völliger Dunkelheit arbeiten mussten.
Angeblich kann man das Silber im Dunkeln abbauen, weil man es mit geübter Nase riechen kann. Der Geruch soll dem von Knoblauch ähneln. Ich roch keinen Knofel, aber das lag wohl daran, dass es kein Silber mehr im Stollen gab.
Zu meiner Überraschung waren wir bald darauf wieder im Freien. Wie kam das? Wir gingen doch immer nach unten und plötzlich sahen wir doch Sonnenlicht. Ein wenig erinnerte mich das an das Finale des Romans „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ von Jules Verne.
Dort brachte ein ausbrechender Vulkan die Reisenden plötzlich ans Tageslicht. In Kutná Hora lag es aber an dem tief eingeschnittenen Tal des Flusses Vrchlice, in das wir quasi innerhalb der Felsens abgestiegen waren.
Der Rückweg im Freien
Nun galt es unter freiem Himmel die Höhenmeter wieder gut zu machen und so marschierten wir vom Talboden zurück zum Hrádek. Während es im Stollen noch angenehm kühl gewesen war, begann die Bergwerkskleidung in der prallen Sonne zu drücken.
Die Kleidungsmoral in der Gruppe sank. Jeder versuchte, sich individuell von der zu warmen Schutzkleidung zu entledigen. Oben angekommen, konnten wir endlich alles wieder abgeben.
Abschließend spazierten wir noch durch eine Reihe weiterer Rekonstruktionen von ehemaligen Bergwerkseinrichtungen und verließen dann sichtlich erleichtert das Gelände.
Fazit
Die Wanderung durch das Silberbergwerk von Kutná Hora war in erster Linie ein körperliches Erlebnis. Mit jedem Meter stieg der Respekt für die Arbeit der Menschen, die seinerzeit ohne Licht in diesen Anlagen nach Silber schürften. Spätestens am Ausgang machte sich eine gewissen Dankbarkeit für die heutigen Annehmlichkeiten breit.
Stand: Mai 2007