Seit 1633 werden die Mitglieder des Hauses Habsburg in der Gruft unter dem Kapuzinerkloster am Neuen Markt im 1. Wiener Gemeindebezirk zur letzten Ruhe gebettet. Bei einem Besuch kann man sich von der wechselnden Formenvielfalt der Grablegen ein persönliches Bild machen.
Die Kaisergruft in der Kapuzinerkirche
Zu einem Spaziergang durch das kaiserliche Wien gehört der Besuch der Kaisergruft fast dazu. Vor allem wenn man es gerne makaber mag. So marschiere ich also zu jener Kirche am Neuen Markt, unter der seit 1633 die Gebeine der meisten Mitglieder der Familie Habsburg bestattet sind.
Die dortige Gruft wird in der Literatur abwechselnd Kaisergruft oder Kapuzinergruft genannt. Beide Begriffe lassen sich begründen. In einem Fall wird auf die begrabenen Kaiser fokussiert, im anderen Fall auf die Lage und die Betreuer der Gruft.
Zum Zeitpunkt meines Besuches haben bereits 146 Personen, darunter 12 Kaiser, hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Auch wenn es keine regierenden Kaiser mehr gibt, so gab es in den letzten Jahren doch noch ein Begräbnis. 1989 wurde Kaiserin Zita hier begraben, die Gattin des letzten Kaisers von Österreich.
Aber seither hat sich auch hier einiges verändert. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich früher die Eintrittskarten bei einem ehrwürdigen Pater löste, der seine kleine Handkasse auf einem schmalen Tisch aufgebaut hatte. Nach der üblichen Ermahnung, nur ja nicht zu laut zu sein, konnte ich in die tiefe Kühle der Gruft runtersteigen.
Heute ist der Eingang verlegt und ein Angestellter verkauft mir die Karte aus einer verglasten Kabine heraus. Aber dann geht es doch wieder den Weg alles Sterblichen, es geht hinunter. Und zwar über eine steile Stiege, über der die lateinische Aufschrift SILENTIUM scheinbar die Worte des Paters ersetzen wollen.
Im Tod sind alle gleich, die Grüfte aber verschieden
Unter angekommen, umfängt mich immer wieder ein leichter Schauer, so massiv wirken die Sarkophage. Besonders der Doppelsarkophag von Maria Theresia und ihrem Gemahl Kaiser Franz I. Stephan scheint alle anderen an die Wand drücken zu wollen. Als Kontrast dazu die kleinen Kindersärge, die durch ihre Größe die allzu früh Verstorbenen, noch nach ihrem Tod verletzlich wirken lassen.
Die Gruft ist eigentlich kein einzelner großer Raum, sondern es sind mehrere, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten unter der Klosteranlage vorgetrieben wurden. Folglich gibt es auch nicht eine Kaisergruft, sondern gleich mehrere, die nach den wichtigsten dort gebetteten Persönlichkeiten benannt sind.
So gibt es die Gründergruft, die Leopoldsgruft, die Karlsgruft, die Maria Theresiengruft, die Franzensgruft, die Ferdinandsgruft, die Toskanagruft, die Franz Josephs Gruft und die neue Gruft. Die neue Gruft wurde erst im 20. Jahrhundert angelegt und wirkt deshalb auch eher modern und eindruckslos.
Interessant zu beobachten ist für mich die Abwechslung der Stimmung in den verschiedenen Bereichen. Manche Sarkophage sind so prunkvoll ausgestattet, dass man ihren eigentlichen Zweck fast vergessen mag. Wären da nicht höchst makabre Totenköpfe als Verzierung. Andere Särge hingegen sind so schlicht, dass mir wieder ganz klar wird, wo ich gerade bin: in einer Begräbnisstätte.
Bemerkenswert für mich ist der Umstand, dass in all den Jahren meines Besuches speziell zwei Sarkophage immer wieder mit frischen Blumenkränzen versehen sind. Es sind dies jene von Kaiserin Elisabeth und von Kaiserin Zita. Letzter wurde erst 1989 hier zu Grabe getragen, Elisabeth ist natürlich fast jedem durch die Sissi Filme bekannt.
Nicht alle Habsburger liegen in der Kapuzinergruft
Es ist übrigens nicht so, dass alle Habsburger hier begraben wurden. Es gibt auch berühmte Ausnahmen. So wurde der letzte Kaiser von Österreich in Madeira begraben, der in Sarajewo ermordete Thronfolger Ferdinand ruht mit seiner Gattin an seiner Seite im österreichischen Artstetten.
Auch sollte erwähnt werden, dass die erhabenen Persönlichkeiten nicht vollständig in den unterirdischen Gewölben ruhen. Eine Zeit lang war es üblich, die Eingeweide in der Herzogsgruft zu St. Stephan (Stephansdom) und die Herzen in der Herzgruft von St. Augustin zu beerdigen. Auch andere Orte waren möglich, manche Verstorbenen wollten eben ihr Herz an bestimmten Stellen wissen.
Damit bin ich an das Ende meines Rundgangs gekommen. Wien hat aber noch mehr zu bieten. So bietet sich ein Besuch der Gruft unter der Michaelerkirche an. Diese stammt noch aus jener Zeit, als es Friedhöfe innerhalb der Stadtmauern gab.
Fazit
Ein Besuch in der Kapuzinergruft gibt einen interessanten Einblick in den Begräbniskult der Habsburger. Besonders spannend sind dabei die Formen der Sarkophage, die deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Epochen der Habsburger zeigen.