Die Welt von Byzanz

Verschlagwortet mit , , ,

Ausstellung "Die Welt von Byzanz" in der Archäologischen Staatssammlung München

Byzanz, das war doch mal jene große Stadt, aus der später Istanbul hervorging? Oder jener Begriff, mit den man später das Oströmische Reich allgemein bezeichnete? Fragen über Fragen, auf denen ich Antworten in der Ausstellung „Die Welt von Byzanz“ erwartete.

Ausstellung „Die Welt von Byzanz“

Die Sonderausstellung fand von 22. Oktober 2004 bis 3. April 2005 in der Archäologischen Staatssammlung München statt. Bei dem Ausstellungsgebäude handelte es sich um einen für mich erstaunlich modernen Bau in der Nähe des Nationalmuseums und dem Haus der Kunst.

Wie mir ein Schild am Eingang erklärte, wurde die Ausstellung 800 Jahre nach dem Fall von Konstantinopel eröffnet. Es war im Jahre 1204, als die Ritter des vierten Kreuzzuges die Stadt eroberten und plünderten. Zugegeben, ein eher ungemütlicher Gedanke gleich am Anfang der Ausstellung.

Mein Weg durch die Dunkelheit

Nachdem ich mir einen Audioguide besorgt hatte, betrat ich das Dunkel der Ausstellungsräume. Ja, dunkel ist wohl der richtige Ausdruck. Der erste Raum glänzte durch die Abwesenheit von Licht, was aber die Nachbildung der Mauern von Byzanz umso interessanter wirken ließ.

Zu meiner Linken fand ich ein paar Landkarten vor, die mir die Ausdehnung des Oströmischen Reiches zu verschiedenen Zeitpunkten zeigten. Zur Rechten folgte ich einigen Metern Geschichte, konkret war hier eine Zeitleiste zur Entwicklung von Byzanz mit all seinen Kaisern aufgetragen.

Der Weg von Sulzbach nach Byzanz

Doch schon bei der nächsten Büste eines Kaisers verließ ich den dunklen Raum. Ich bog in ein kleines Gemach ein, wo gerade ein Film lief. Der Film (11 min) versetzte mich anfangs in Verwirrung, wurde doch die Rekonstruktion einer Burg im bayerischen Sulzbach gezeigt.

Was hat Sulzbach mit Byzanz zu tun? Nun, schön langsam dämmerte es mir, eine Tochter der Grafen von Sulzbach war tatsächlich mal Gattin eines Kaisers in Byzanz und somit saß auch mal Bayern auf dem Thron in Konstantinopel.

Ich als Österreicher gestehe das neidlos ein, denn auch wir hatten einen Bezug zu Byzanz. Bei uns war es eine byzantinische Prinzessin, die einen österreichischen Herzog ehelichte und fortan oströmische Kultur in den Raum um das heutige Niederösterreich brachte.

Das Modell eines Hippodroms

Aber ich schweife ab. Nach dem Film marschierte ich der nachgebildeten Mauer von Byzanz entlang und stieß auf ein fantastisches Modell des Hippodroms. Das war einst ein Veranstaltungsort für Wagenrennen in Byzanz. Ich persönlich bevorzuge ja Modelle und Landkarten anstatt großen Tafeln mit Textwüsten. So stand ich lange vor diesem Traum für Modellbauer, der mich in seinen Details doch stark an den Ort des legendären Wagenrennens in dem Film „Ben Hur“ erinnerte.

Gleich neben dem Modell ein Kuriosum, eine Art Losmaschine der Spätantike. Im Grunde genommen war es ein kunstvoll verzierter Stein mit vielen Gängen in seinem Inneren. Oben warf man eine Kugel rein und dann wettete man darauf, bei welchem Loch sie unten herauskommen würde. Eine interessante Konstruktion, aber war sie auch sicher gegen Betrug?

Bisher konnte ich mir noch kein rechtes Bild von der Stadt Byzanz machen, doch jetzt stieß ich auf farbige Skizzen hoch oben auf den Wänden des Ausstellungsraumes. Diese zeigten mir, wie sich das spätantike Byzanz am Bosporus ausgebreitet hatte.

Um sie besser studieren zu können musste ich mich ein wenig in den Raum hineinbegeben und stand damit auch schon inmitten von Accessoires der oströmischen Kirche.

Byzanz und die oströmische Kirche

Eine Eigenart des Oströmischen Reiches war ja der Umstand, dass dort der Kaiser sowohl als weltliches als auch als geistliches Oberhaupt wirkte. Im restlichen Europa herrschte hingegen eine strikte Trennung vor:  Der Kaiser war weltliches, der Papst war geistliches Oberhaupt.

Nun stand ich also inmitten von kunstvoll verzierten Chorschranken (Schranken, die im Kirchenraum früher die Laien von den Geistlichen trennten) und guckte auf allerlei liturgische Geräte. Besonders faszinierend fand ich die Gehänge, auf denen früher die Beleuchtung fixiert war.

Diese Gehänge hatten für mich etwas Mystisches an sich. Sie vermittelten mir eine Ahnung, in welcher Atmosphäre sich die Menschen damals in der Kirche zum Gebet versammelten.

Doch nun bewegte ich mich weiter und gelangte in einen Raum, wo weiteres liturgisches Gerät präsentiert wurde. Die Stücke lagen hier allerdings in Vitrinen gut verwahrt, besaß doch einiges davon einen ziemlich hohen Wert.

Ein frühbyzantinischer Schatz aus Ägypten

So richtig kostbar wurde es dann im nächsten Raum, wo Teile eines großen frühbyzantinischen Schatzfundes präsentiert wurden, der im ägyptischen Assiut ausgegraben wurde. Dieser Schatz war vor langer Zeit in alle Ecken und Enden der Welt verkauft worden und konnte nun eigens für diese Ausstellung wieder zu einem großen Teil zusammen präsentiert werden. So gesehen, eine kleine Sensation.

Nun, wie sieht denn so ein Schatz aus? Byzanz war zweifellos eine Stadt der großen Handfertigkeit und des Prunks. So stand ich nun von prächtigen Halsketten und sonstigem Schmuck. Einer Prächtigkeit, wo heute noch wohl jede Frau dafür sterben würde. Oder zumindest ihr Mann, der das Ganze bezahlen soll.

Natürlich war das jetzt nur im übertragenen Sinne gemeint, doch in den nächsten Räumen der Ausstellung ging es dann konkret um den Tod und dem Umgang mit ihm. Hier wurden vor allem Teile von Gräbern gezeigt.

Die Ausstellung nahm hier auch ein wenig Bezug auf den sogenannten Bilderstreit im christlichen Glauben. Darin ging es darum, ob man das Göttliche überhaupt abbilden dürfe, würde es denn nicht darunter leiden oder würde es gerade durch die Abbildungen seine eigentliche Verehrung finden?

Nun, wie dieser Streit ausging, können wir ja an den prächtigen Gemälden in unseren Kirchen ableiten. In der Ausstellung selbst wurden zum Teil sehr faszinierende Ikonen gezeigt, die mich einfach durch ihre Mischung aus Gold und stiller Religiosität beeindruckten.

Der intime Blick auf einen Radleuchter

Vielleicht hätte ich es schon längst erwähnen sollen, nun hole ich es nach. Die Ausstellung war rund um einen kleinen Hof gruppiert, über den auch Licht in die Ausstellungsräume drang. Und in diesem Hof stand die Rekonstruktion eines Ambosses (eine Art Altar in der Kirche) über den ein riesiger Radleuchter hing.

Was ist ein Radleuchter? Nun, ein Radleuchter war früher eine Methode Kirchen im großen Stil zu beleuchten. Er bestand aus einem Rad, auf den ganz viele Kerzen aufgesteckt waren (ähnlich wie bei einem Adventskranz). Während die Kerzen noch oben strebten, hingen zahlreiche Öllampen kaskadenförmig nach unten, die dem Kirchenraum wohl ein sehr mystisches Licht gaben.

Durch seine Präsentation in geringer Höhe konnte ich diesen Radleuchter in allen Details genau betrachten. Ich konnte mir also alles ansehen, was sonst hoch oben in einer byzantinischen Kirche gehangen wäre.

Das alte Byzanz im modernen Sprachschatz

Doch in noch einem weiteren Bezug möchte ich die Präsentation in dieser Ausstellung hervorheben. An vielen Ecken der Räume fand ich kleine Schilder vor. Auf denen standen sehr vertraute Wörter der Gegenwart. Wenn ich eines dieser Schilder hob, dann entdeckte ich darunter die Erklärung und Herkunft der Worte.

So erfuhr ich so einiges über die Herkunft von Stratege, Apotheke oder Despot. Es war schon erstaunlich, welche Wörter sich bis in die Zeit von Byzanz zurückverfolgen ließen. Sogar die Gurke scheint byzantinische Vorfahren zu haben.

Im letzten Raum kam ich nun zu einem bestimmten Thema, der Rezeption von Byzanz in Bayern. Hier erfuhr ich mehr über die Prinzessin von Sulzbach und über jene bayerischen Forscher, die den Begriff Byzanz in Deutschland etablierten.

Fazit

Was ich in der Ausstellung „Die Welt von Byzanz“ etwas vermisste war eine bessere Beschreibung der historischen Ereignisse in dieser geschichtsträchtigen Stadt. Entschädigt wurde ich mit einer Präsentation von sehr schönen kunsthistorischen und liturgischen Stücken aus jener Zeit.

Quellen / Weiterführende Links

  • Link Offizielle Webseite der Archäologischen Staatssammlung München