1956 setze in Folge der Ungarnkrise eine Flüchtlingswelle über die österreichischen Grenzen ein. Rund 180.000 Ungarn überschritten die Grenze. Eine Ausstellung im Wien Museum erzählt über diese dramatischen Wochen in der Geschichte Österreichs und Ungarns.
Flucht nach Wien – Ungarn 1956
Als sich der Misserfolg des ungarischen Aufstandes im Jahre 1956 abzeichnete, setzte eine Flüchtlingswelle über die Grenze nach Österreich ein. Wie die österreichische Bevölkerung darauf reagierte und wie es den Flüchtlingen in den darauffolgenden Wochen erging, thematisierte eine kleine Ausstellung im Wien Museum.
Veranstaltet wurde diese Ausstellung vom Wien Museum am Karlsplatz. Sie war Teil der Dauerausstellung, was den angenehmen Vorteil hatte, dass ich sie an einem Sonntag kostenlos besuchen konnte. Die Schau selbst war allerdings recht klein gestaltet. Lediglich zwei Räume waren dem Thema gewidmet. Dafür waren die Texte international, in Deutsch und Ungarisch, ausgeführt.
Österreich – Ungarn, ein Vergleich
Als Einleitung zur Ausstellung diente eine Wand, die ein wenig den Bezug zwischen Österreich und Ungarn thematisierte. Da fehlten so triviale Dinge wie WM Spiele zwischen den beiden Ländern genau so wenig, wie ein Hinweis auf die Sisi Trilogie.
Deren zweiter Teil hatte ja einen Ungarnbezug und kam gerade während der Ungarnkrise in die Kinos. Aber auch ein anderer Gesichtspunkt wurde genannt: Ungarns Bemühungen um Unabhängigkeit während der Zeit des Habsburgerreiches. Damals richteten sich die Fäuste der Freiheitshelden noch gegen Wien.
Die Exponate der Ausstellung
Die Exponate der Ausstellung selbst bestanden in erster Linie aus Fotos, Dokumenten und Gegenständen aus jener Zeit. Bei den Dokumenten handelte es sich in vielen Fällen um Ausweispapiere, mit all ihren verschiedenartigen Ausprägungen. Besonders beeindruckend eine Staatsbürgerurkunde aus Australien (die Ungarn blieben ja zum größten Teil nicht in Österreich). Bei dieser Urkunde prangte nicht das Foto des frisch gebackenen Australiers auf dem Papier, sondern das Foto der englischen Königin.
Beeindruckend auch einige Schulhefte, die mich von Art, Schrift und Inhalt an meine eigenen erinnerten. Lediglich die Sprache war ungarisch. Sehr aufschlussreich waren auch die Zeitungen aus jener Zeit. Hier waren in großen Lettern die Schlagzeilen über die Ungarnkrise zu lesen. Aber auch über Konflikte in Ägypten (Suezkanal) und Algerien, über Streiks in Polen und Singapur. Dadurch wurde mir wieder in Erinnerung gerufen, dass die Welt damals nicht nur aus einem Krisenherd bestand.
Für einen längeren Zeitraum hörte ich mir Aussagen von Zeitzeugen an. Darunter auch jene von Johann Szegö, den ich von einigen geführten Touren in Wien kannte. Bei den Aufnahmen der ungarischen Zeitzeugen fiel mir auf, dass sie recht gutes Deutsch sprachen, besser gesagt ein sehr gutes Wienerisch.
Aus ihren Erzählungen konnte ich einiges interessantes mitnehmen. Zum Beispiel herrschte bei den Hilfsaktionen ein Mangel an Koffern, da man damals nicht so wie heute über jede Menge Plastiktaschen verfügte. Auch gab es viel Verwirrung um die Identität der Geflüchteten.
Die Hilfsangebote der Österreicher
Die Hilfsangebote der Österreicher waren sehr vielfältig. Sie wurden dabei aber auch im großen Stil vom Ausland unterstützt, die die Flüchtlinge oft direkt von der Grenze übernahmen und in die jeweiligen Länder brachten. Nachdenklich machten mich dabei Zeitungsausschnitte, wonach die österreichische Regierung schon damals sehr darauf drängte, die Flüchtlinge wieder wegzubekommen. Befremdlich dafür ein Brief eines Engländers, der sich als Ehemann für eine junge Ungarin anbot.
Die Ereignisse in Ungarn selbst wurden hauptsächlich über die Zeitungsmeldungen dargestellt, waren jetzt aber nicht so der Schwerpunkt der Ausstellung. Kurios der Hinweis, dass die Straßenbahnlinie 56 in Ungarn später als Synonym für den Aufstand diente.
Fazit
Insgesamt empfand ich die Ausstellung als recht klein, doch bot sie mir einen guten Einblick in die Ereignisse auf der österreichischen Seite der Grenze. Im Gegensatz zur Ausstellung im HGM fokussierte sie aber auf die zivile und politische Seite. Über den Aufstand selbst hingegen informierte mich die Fotoausstellung im Leopoldmuseum ausführlicher.