Gürtler M. Smejkal (Wien)

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Werkstatt von M. Smejkal (Gürtler)

Während einer Führung durch Schloss Eggenberg in Graz stoße ich auf eine Berufsbezeichnung, die mich überrascht. Es waren die Gürtler, die die Metallteile an den Kronleuchtern fertigten. Was hat ein Gürtler mit Luster zu tun? Im Geschäft des Wiener Gürtlers M. Smejkal erfahre ich es.

Die Familie Smejkal in der Mondscheingasse

Der Laden in der Mondscheingasse 3 lässt anstatt Aufschriften seine Produkte sprechen. Nahezu eine ganze Wand ist mit Ketten aller Art behangen. Manche wirken fein wie Modeschmuck, andere stark wie Aufhängungen für Kronleuchter. Nur die Farben des Materials sind sehr ähnlich und tauchen das Geschäft in ein Meer aus Braun- und Silbertönen. Hinter dem langen Verkaufspult werden wir bereits von einem der letzten Gürtler Wiens erwartet.

Eigentlich sind es zwei Gürtler, die sich praktischerweise die Initialen teilen. Vater Manfred und Sohn Michael erfüllen gemeinsam Kundenwünsche in ihrem Geschäft im VII. Bezirk. Zu den Kunden zählen Trachtenvereine mit ihren Applikationen an den Uniformen genauso wie Theaterbühnen, die einen fehlenden Zacken in der Krone repariert haben wollen.

Was macht ein Gürtler?

Es ist einfacher zu beschreiben, was die Gürtler nicht machen. So stellen sie keine Gürtel her. Sehr wohl aber sind sie Experten für das Gestalten von Gürtelschnallen. Am ehesten lassen sich die Gürtler über das Material definieren. So arbeiten sie viel mit Kupfer, Messing und Tobak. Mit dem passenden Werkzeug biegen sie aus diesen Rohstoffen in beeindruckender Geschwindigkeit Kettenglieder und in weiterer Folge ganze Ketten zurecht.

Werkzeug zum Kettenmachen beim Gürtler M. Smejkal
1-2-3 Mit erstaunlich wenigen Arbeitsschritten fertigt Michael Smejkal mit diesem Gerät eine Kette

Neben dem eher eintönigen Biegen von Kettengliedern beherrschen die beiden M. Smejkals auch das Löten und das Ziselieren. Mit diesen Methoden lassen sie den Wunsch nach einer einzigartigen Gürtelschnalle oder einer Plakette mit persönlicher Widmung Wirklichkeit werden. Und als Bijouterie-Gürtler zeigen sie, dass ein glanzvolles Schmuckstück nicht immer aus Gold sein muss.

Ein Blick in die Werkstätte eines Gürtlers

Doch wie führen Sie ihr Handwerk konkret aus? Vater und Sohn laden uns in die Werkstätte ein und zeigen uns die wichtigsten Werkzeuge. Eine große Drehbank dominiert den Raum. An den Wänden reihen sich Werkbänke aneinander, auf denen kleine Ambosse und zunächst noch rätselhafte Biegevorrichtungen geschraubt sind.

Überall wo noch Platz ist, liegen Vorräte an besonderen Drähten. Besonders fasziniert bin ich von den Kugeldrähten, die schon für sich so schön wie Perlenketten wirken. Sie sind gar nicht mehr so leicht erhältlich und es ist gut, sie auf Vorrat bereit zu halten. In einem eigenen Kämmerchen geben Poliertrommeln den Kunstwerken den letzten Schliff. An einem besonderen Arbeitsplatz hilft eine mächtige Lötlampe beim Zusammenfügen der Schmuckteile. Und dann ist dieses merkwürdige Holzrad.

Ich kann es kaum glauben. Ein einfaches Holzrad mit Treibriemen und einem langen Nagel soll Ringe produzieren? Michael Smejkal sieht meinen skeptischen Blick und erklärt sich bereit, mit dem altertümlichen Gerät ein paar Extraringe zu drehen. Und tatsächlich, mit der Kraft des Rades wickelt er einen Draht so um den Nagel, dass er anschließend das entstandene Gewinde zu kleinen Ringen zerschneiden kann. Diese Mini-Ringe wird er später zum Befestigen von Orden an Ordensbändern verwenden.

Über das Wesen von alten Maschinen

Anschließend unterhalten wir uns noch etwas länger über die alten Maschinen in der Werkstatt. Schon beim Silberschmied Vaugoin fiel mir auf, dass die Werkzeuge traditioneller Handwerker ein auffallend hohes Alter haben. Im Gespräch arbeiten wir die Ursachen dafür heraus. Für viele traditionelle Handarbeiten werden ganz einfach keine modernen Maschinen erzeugt. Und wenn doch, sind sie oft für nur ganz bestimmte Zwecke einsetzbar. Ausgefallene Kundenwünsche lassen sich mit älteren und deshalb flexibleren Werkzeugen  einfach besser erfüllen als mit neuen.

Fazit

Die Familie M. Smejkal zählt zu den letzten Gürtlern in Wien. Wer sich über das Berufsbild des Gürtlers nicht aus Büchern informieren möchte, erfährt in ihrem Laden in der Mondscheingasse 3-5 mehr über diesen alten Beruf. Ein Besuchsgrund kann zum Beispiel eine schöne Kette oder eine Idee für eine besondere Gürtelschnalle sein.

Quellen / Weiterführende Links

  • Link Sehr lebendige Beschreibung des Geschäfts bei Anita auf Reisen
  • Link Beschreibung des Handwerks Gürtler auf Wikipedia

Offenlegung

Fotos und Texte entstanden im Rahmen einer Pressereise des Hotels Das Tigra. Die inhaltliche Gestaltung blieb zur Gänze mir überlassen.