Bereits sehr früh erregten die Erzählungen von Reiseschriftstellern und Malern meine Neugierde für das spezielle Licht im Süden. Doch wie wirkt sich dieses Licht wirklich aus? Eine Ausstellung mit Werken des Malers Joseph Rebell in der Orangerie des Wiener Belvedere bringt wortwörtlich Licht in diese Angelegenheit.
Prolog
Auf dem Weg vom Wiener Hauptbahnhof zur Ausstellung durchquere ich den Belvedere Garten mit seinen barocken Beeten und dem tollen Blick auf den 1. Bezirk der Stadt Wien. Ein großer Ballon zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Er ist zu einem Schriftzug „MARRY ME“ geformt. Weitere herzförmige Ballone unterstützen meinen ersten Eindruck. Hier strebt jemand einen großen Schritt an. Doch außer einigen Fotografen entdecke ich kein Pärchen, das zu diesem Arrangement passen würde. Ich bin wohl zu früh dran. Ich gehe also weiter in Richtung Ausstellung.
Ausstellung „Joseph Rebell – Im Licht des Südens“
Die Werke des Künstlers hängen in der Orangerie jenes Ensembles, das in Wien als Belvedere bezeichnet wird. Ein Gang führt mich vom unteren Belvedere zur Orangerie. Licht strömt durch die seitlichen Fenster und stimmen mich auf das Thema ein. Im Ausstellungsraum ist es zur Schonung der Werke schon sehr viel dunkler.
Gleich zu Beginn repräsentiert eine Büste den Star der Ausstellung. Es handelt sich um den Landschaftsmaler Joseph Rebell, der 1787 in Wien geboren wurde und ab 1813 in Rom und Neapel wirkte. Ich halte die Jahreszahlen für wichtig. Er begann die italienische Idylle abzubilden, als in Mitteleuropa heftige Kämpfe im Rahmen der Napoleonischen Kriege tobten.
Dass Joseph Rebell ein Augenzeuge früherer Schlachten war, zeigen mir ein paar Gemälde ganz am Anfang der Ausstellung. Sie zeigen Truppen, wie sie sich bei Aspern bewegen. 1809 fand hier eine Schlacht statt, die erstmals dem Kriegsglück von Napoleon einen Dämpfer versetzte. Ein spektakuläres Reiterdenkmal mit eindrucksvoller Pose auf dem Wiener Heldenplatz zeugt heute noch von dem damaligen Sieger, dem österreichischen Feldherrn Erzherzog Karl.
Die italienischen Jahre von Joseph Rebell
Einige Jahre später sitzt aber Joseph Rebell an seiner Staffel und malt Studien. Er möchte die Menschen in seinen Werken detailgetreu abbilden und beschäftigt sich viel mit deren Kleidung. Ich bin ein Freund von Landschaftsmalerei. Aber auch die Darstellungen von Menschen in ihrer damaligen Kleidung und bei ihrem Tagwerk haben ihre Reize. Und so verbringe ich viel Zeit vor den Skizzen des großen Meisters.
1810 ist er noch in Norditalien unterwegs und bildet Szenen rund um den Lago di Como und den Lago di Lugano ab. 1813 zieht er nach Neapel und genießt die Aufmerksamkeit von Caroline Murat. Die jüngste Schwester Napoleons lebte hier als Königin von Neapel. 1816 zog Joseph Rebell nach Rom weiter. An allen genannten Orten nahm der Landschaftsmaler gut bezahlte Auftragsarbeiten an.
In der Ausstellung des Belvederes fanden viele dieser Werke nach Wien. So blicke ich des Öfteren auf den Vesuv und auf das Licht, die Joseph Rebell diesem markanten Vulkan bei Neapel zugedacht hat. Andere Werke zeigen mir die Reize von Amalfi zu einem Zeitpunkt, wo dieser Ort noch nicht von vielen Busreisenden besucht wurde. Nach mehreren Jahren in Italien kehrte der Künstler wieder nach Wien zurück und nahm eine von Kaiser Franz I. angebotene Stelle an.
Joseph Rebell als Direktor des Belvederes
Die letzten Lebensjahre verbrachte der Landschaftsmaler als Direktor des Oberen Belvedere. Einige Zeilen und Skizzen in der Ausstellung sind auch dieser Zeit gewidmet. Ich erfahre, dass er sich sehr um die zeitgenössische Kunst bemühte. Obwohl sich diese zeitgenössische Kunst von der heutigen wohl sehr unterschied, haben sie doch zu jeder Zeit etwas gemeinsam: Irgendwer muss sie fördern, sonst wird nichts daraus. Mit diesem Gedanken verlasse ich die Ausstellung und begebe mich an das Tageslicht von Wien. Dieses ist auch schön.
Epilog
Auf dem Rückweg halte ich noch mal nach den herzförmigen Ballonen Ausschau. Sie sind verschwunden. Dafür bewegt sich ein kleiner schwarzer Mähroboter durch die steile Anlage des Belvedere Gartens. Unermüdlich fährt er die Rasenflächen ab, stets auf der Suche nach dem letzten verbliebenen hochmütigen Grashalm. Ich beobachte das schwarze Teil auf Rädern für geraume Zeit. Mähroboter laden zum Meditieren ein.
Fazit
Die Ausstellung zeigte mir, was es bedeutet, wenn ein Maler das Licht des Südens in seinen Werken einfängt. Licht ist hier nicht nur eine Sonne am Himmel. Es ist vielmehr eine spezielle Art, wie das Gegenständliche dieses Licht reflektiert. Darüber hinaus erfuhr ich etwas über den Künstler selbst, der ja auch als Verantwortlicher für das Belvedere Karriere machte.