Von einigen Aussichtspunkten in Wien ist im Westen der Stadt eine gleißend schimmernde Kuppel zu sehen. Sie krönt die Kirche am Steinhof, ein von dem Architekten Otto Wagner geschaffenes Gesamtkunstwerk der Wiener Moderne. Ein Besuch eröffnet mir auch das sehenswerte Innenleben dieses Kirchenbaus.
Die Otto-Wagner-Kirche am Steinhof
Viele Wiener nennen das sakrale Bauwerk nach seinem Architekten und somit Otto-Wagner-Kirche. Geweiht ist das Gotteshaus aber dem Heiligen Leopold. Weshalb der korrekte Name wohl eher Kirche zum Heiligen Leopold lautet. Dem Heiligen scheint es nicht zu kümmern. Seine Statue sitzt entspannt auf dem linken Turm, der den Eingang des Kirchengebäudes flankiert. Auf dem rechten Turm leistet ihm der Hl. Severin Gesellschaft. Warum wirken die beiden so entspannt auf mich? Antwort: Sie sitzen. Bisher sah ich Heilige immer nur stehen.
Das Innere der Kirche am Steinhof
Ich betrete die Kirche und werde sofort von ihrer Helligkeit und einer klaren Struktur vereinnahmt. Sowohl Boden als auch Decke zeigen regelmäßige geometrische Muster, die durch den Einsatz von vergoldeten Zierlinien eine besondere Form der Erhabenheit ausstrahlen. Ein riesiges Altarbild und zwei noch größere Glasfenster ziehen fast gleichmäßig meine Aufmerksamkeit an. Wo soll ich mit dem Betrachten beginnen?
Das Altarbild von Leopold Forstner
Das Altarbild ist kein Gemälde, so wie in der ganzen Kirche kein Gemälde zu finden ist. Es ist ein von Leopold Forstner angefertigtes Mosaik. Klar und deutlich stehen hier die abgebildeten Personen nebeneinander und blicken auf den Erlöser. Es ist vielleicht diese Klarheit, die mich an dem Bild fasziniert. Bei den eher dunkel gehaltenen Ölgemälden in barocken Kirchen ist es ja oft schwer, die einzelnen Personen optisch zu identifizieren.
Die großen Glasfenster an den Seitenwänden
Für den hellen Eindruck der Kirche zeichnen auch die riesigen Glasmosaikfenster verantwortlich, die durch die abgebildeten Personen wie ein Bilderbuch wirken. Interessant ist hier die zeitliche Bandbreite der dargestellten Persönlichkeiten. So sehe ich die Hl. Rebekka (eine Figur aus dem Alten Testament) als auch Klemens Maria Hofbauer (er verstarb erst 1820).
Otto Wagner und andere Mitwirkende
Die Kirche gilt gemeinhin als Meisterwerk von Otto Wagner. Mitgewirkt haben aber auch andere führende Künstler. So entwarf Koloman Moser die Glasmosaike für die Fenster. Die Mosaike der Seitenaltäre gestaltete hingegen Rudolf Jettmar. Die Säulenengel am Hauptportal und die Engel am Hochaltar stammen von Othmar Schimkowitz. Das Altarbild hatte gleich mehrere Väter. So wirkten am Entwurf Koloman Moser, Carl Ederer und Remigius Geyling mit. Die sitzenden Heiligen auf den Türmen stammen von Richard Luksch.
Architektonische Feinheiten einer Anstaltskirche
Die Kirche entstand auf dem Gelände eines Krankenhauses und sollte in erster Linie den Patienten dienen. Zu diesem Zweck ließen sich die Gestalter einige interessante Details einfallen. So stehen an den Türen keine Weihwasserbecken, sondern Weihwasserspender. Die Bänke sind so gestaltet, dass ein Stolpern möglichst vermieden wird. Darüber hinaus fällt der Boden vom Eingang bis zum Altar ab. Dadurch bleibt für Besucher in den hinteren Reihen der Blick auf den Altar erhalten.
Otto Wagner und das Wien Museum
Die Kirche am Steinhof ist heute ein Standort des Wien Museums. Das Museum betreut noch zwei weitere von Otto Wagner entworfene Gebäude. Dabei handelt es sich um den Hofpavillon in Hietzing und einem der beiden Stadtbahn-Pavillons am Karlsplatz.
Fazit
Die Kirche am Steinhof besticht durch ihre klaren Formen, den riesigen Fenstern und mehreren groß angelegten Mosaiken. Als Anstaltskirche für ein Krankenhaus verfügt sie zusätzlich über einige interessante Eigenheiten, die heute auch in anderen Kirchen Sinn machen würden.