Das Linden-Museum, spezialisiert auf Völkerkunde, hatte schon seit längerer Zeit einen guten Klang in meinen Ohren, aber als ich es endlich mal besuchen konnte, war ich erstaunt, was es für Schätze zu bieten hatte.
Dauerausstellung SÜDASIEN
Ich beginne gleich mit jener Abteilung die mich am meisten beeindruckt hatte. Hier steht man nicht einigen wenigen Kunstgegenständen gegenüber, nein, man versinkt förmlich in einer fremden Welt. Das wird aus einer Mischung von eindrucksvollen Exponaten kombiniert mit sehr informativem Text erreicht. Die Exponate sind dabei so stark präsent, das man sich wirklich wie in dieser fremden Kultur fühlt. Lediglich die Kleidung von einem selbst und die der anderen Besucher und auch die eine oder andere größere deutsche Aufschrift hindert einem an der perfekten Illusion.
Neben all den indischen Schaustücken beeindruckte mich besonders eine tibetanische Mandala, die vor ein paar Jahren von ein paar Mönchen extra für das Linden-Museum angefertigt wurde. Ich hatte noch nie die Gelegenheit eine Mandala aus so großer Nähe zu betrachten und damit ihre hohe Komplexität zu erfahren.
Dauerausstellung OSTASIEN
Hier wird vor allem Japan und China mit seiner Kultur vorgestellt. Im Japanischen Teil geht man dabei fast schon durch ein kleines Dorf an typischen japanischen Häusern, die man stilgerecht durch ein Tor betritt. Hier erhält man Einblick in ein Haus eines reichen Bürgers der Endo Zeit oder man kann mal in die Werkstätte eines Lackherstellers blicken. Besonders interessant fand ich die Darstellung eines Teehauses. Auf den Schautafeln konnte ich nun lesen, was es mit dieser berühmten Teezeremonie wirklich auf sich hat. Tatsächlich ist sie weniger eine Form von hoher Teekultur sondern eher ein Bestandteil tiefer Religiosität und Vergeistigung.
Dauerausstellung ORIENT
Diese war leider verschlossen, da hier gerade für eine Sonderausstellung umgebaut wurde. Diese wird ab Mitte September 2003 dem interessierten Besucher Einblick in 1500 Jahre türkische Geschichte und Kultur vermitteln
Dauerausstellung AFRIKA
Während mich im asiatischen Teil besonders das hohe Ausmaß an Kultur und Vergeistigung fasziniert hatte, war es im afrikanischen Teil vor allem die für mich so nicht erwartete politische Aussage des Ausstellungskonzeptes. Zwar wurden auch hier viele verschiedene Kulturgegenstände, Masken und Bekleidungen gezeigt, doch die Tafeln sprachen zu einem großen Teil eine sehr anklagende Sprache in Richtung europäischer Kolonisationspolitik. So wurde aufgezeigt, das die landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen durchaus eine Ernährung Afrikas sicherstellen können. Aber die von außen herein getragenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen halten den afrikanischen Kontinent trotzdem noch auf einen viel zu tiefen Level.
Von den ausgestellten Gegenständen wird mir wohl für immer die Bekleidung eines afrikanischen Geisterjägers in Erinnerung bleiben, der mit seinem Schnabel und seinen Zauberspiegeln auf den Augen wie ein außerirdischer Besucher wirkte. Ebenfalls beeindruckend war die Nachbildung der Fassade eines königlichen Palastes, die so gut gelungen sein soll, das der Inhaber des originalen Palastes leichten Neid geäußert haben soll. Der Palast wirkt nach unseren Maßstäben keineswegs königlich, aber nach einiger Zeit in der afrikanischen Abteilung merkt man schon, was dieser Palast für die afrikanische Völker bedeutet hat.
Dauerausstellung SÜDSEE
Ich muss zugeben, diese Ausstellung hat mir am wenigsten von den angeführten Ausstellungen zugesagt. Das liegt aber nicht am Museum und an den ausgestellten Stücken. Vielmehr liegt es wohl daran, das sich in der Südsee am wenigsten Kultur ausprägen konnte, die mich mitteleuropäische Seele beeindrucken könnte. Aber auch hier gab es für mich das eine oder andere Highlight zu sehen. Zum Beispiel die eigenartigen Masken des Geheimbundes der Dukduk und die mehreren Meter hohen Tanzmasken.
Dauerausstellung AMERIKA
Die Dauerausstellung Amerika hingegen gefiel mir wieder sehr gut, da ich von der indianischen Lebensweise schon mehr verstanden habe. Leider war sie durch die gerade laufende Sonderausstellung „Amazonas Indianer“ in ihrem Raum beeinträchtigt, so das ich nur einen Teil sehen konnte. Aber auch im reduzierten Teil gab es einige sehr spezielle Erkenntnisse. Zum Beispiel wurden nebeneinander die unterschiedlichen Spielpuppen der verschiedenen Indianerstämme präsentiert und tatsächlich konnte man die Eigenheiten der einzelnen Stämme in den Puppen wieder erkennen.
Wer sich das Museum mal selbst ansehen möchte, hier ein paar Infos über die Rahmenbedingungen:
Lage
Das Museum befindet sich am Hegelplatz nicht unweit des Katharinenkrankenhauses. Vom Bahnhof ist es innerhalb weniger Minuten mit den Bussen der Linie 42 und 40 erreichbar. Die Haltestelle heißt Hegelplatz/Linden-Museum.
Eintritt
Der Eintritt betrug für mich 3 Euro (Vollpreis) und wurde an der Kasse im Museumsshop entrichtet. Die Eintrittskarte ist eine echte Spezialität. Sie bestand aus einem Band, das mir die Dame an der Kasse um das Armgelenk klebte. Dadurch war ich eindeutig „gekennzeichnet“. Dies ist sicher eine sehr sinnvolle Maßnahme, da es bei diesem Museum keine eindeutige Barriere zwischen Eingang und den Schausälen gibt. So konnte ich also zwischendurch ein wenig raus an die frische Luft gehen, im Museumscafe eine Erfrischung einnehmen und auch mal die Toiletten im Untergeschoß aufsuchen. Das Band ist übrigens sehr stabil, von selbst geht es ganz sicher nicht runter.
Garderobe/Fotografieren
Die Garderobe befindet sich gleich neben dem Haupteingang und ist unbewacht. Allerdings werden dort eine Menge versperrbare Schränke angeboten, wo man den Schlüssel gegen Einwurf eines Pfands von einem Euro abziehen kann. Die Schränke sind zum Teil so hoch, das man auch bequem einen Mantel reinhängen kann, eine Maßnahme, die ich sehr schätze. Meinen Fotoapparat hängte ich allerdings nicht rein, den Fotografieren zum eigenen Bedarf ohne Blitz und Stativ ist erlaubt.
Gastronomie
Angesichts der hochsommerlichen Temperaturen, die aber im Museum zum Glück nicht so zu Geltung kommen, benötigte ich ein kühles Getränk zwischendurch. Dieses nahm ich dann im Museumscáfe „Tajin“ ein, das übrigens neben der gutbürgerlichen schwäbischen Küche hauptsächlich marokkanische Speisen anbot. So probierte ich dann auch eine Harira, eine marokkanische Gemüsesuppe aus und war begeistert davon. Ich finde die Idee, in einem Museum über fremde Völker auch fremde Küche anzubieten hervorragend.
Museumsshop
Im Museumsshop fand ich ein breites Angebot an Schmuck und Ziergegenständen vor. Außerdem gab es einiges an Literatur zu erwerben, die sich mit fremden Völkern und kulturellen Errungenschaften beschäftigten.
Fazit
Ich war einfach begeistert, was dieses Museum mir an optischen Reizen und inhaltlichen Wissen vermittelt hat. Dieses Museum kann wirklich stolz auf seine Sammlung und der Präsentation derselben sein. Ich war übrigens drei Stunden im Museum und muss mit Bedauern feststellen, das diese Zeit nicht ausgereicht hat, mir alle Stücke so genau anzusehen wie es gerne gemocht hätte.