Von 17.11.2004 bis 03.04.2005 zeigt das Technische Museum Wien (TMW) die Ausstellung „Schräglage“. Thema ist dabei die österreichische Motorradgeschichte in den Jahren 1945 bis 2005.
Ausstellung „Schräglage – Motorräder 1945-2005“
Seit einigen Wochen fielen mir auf den Bahnhöfen die Plakate der Ausstellung „Schräglage“ des Technischen Museums von Wien auf. Besonders das Motiv, wo bei einem Sportgespann der Beifahrer dank seiner Schräglage mehr neben dem Motorrad als auf dem Motorrad lag, ließ in mir den Wunsch keimen, mir mal diese Motorräder aus nächster Nähe anzusehen.
Nachdem ich für das Thema der Ausstellung etwas unpassend mit der Straßenbahn angereist war, schritt ich die Treppe zum dritten Obergeschoss des Museums hoch und entdeckte bald den eigentlichen Eingang zur Sonderausstellung.
Die Anfänge nach 1945
Die Ausstellungsfläche verteilte sich übersichtlich auf eine Art U. Neben dem Eingang traf ich auf ein altes Wehrmachtskrad, das mit einer plumpen Kiste zu einer Beiwagenmaschine ausgebaut worden war. Dieses Ausstellungsstück sollte an das Jahr 1945 erinnern, wo jeder Mensch sich glücklich schätzen konnte, wenn er so ein ehemaliges Wehrmachtsfahrzeug besaß.
Denn nur schleppend kam nach dem Zweiten Weltkrieg die österreichische Motorradproduktion in Gang. Doch schon mit den ersten Motorrädern wurden wieder Rennen gefahren, wie mir die linke Seite des Ausstellungspfades zeigte.
Motorräder für Rennfahrer und Postboten
Dort sah ich eine Reihe von Rennmaschinen aus den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Filme im SW zeigten mir Rennen mit Legenden wie Rupert Hollaus, dem Weltmeister für 1.000 Stunden, oder den Helden der Sandbahn Martin Schneeweiss oder Fritz Dirtl. Von Rupert Hollaus lag sogar ein Rennanzug aus.
Auf der rechten Seite hingegen ging es weniger rasant zu. So sah ich kleine Motorräder aus österreichischer Produktion, die zum großen Teil für Behörden produziert wurden. Zum Beispiel die Puch 125, das typische Dienstfahrzeug für den Landbriefträger. Laut Beschreibung etwas langsam, aber stabil. Damit war natürlich das Motorrad gemeint, nicht der Landbriefträger.
Doch auch große Traummaschinen wie etwa die 1000er Vincent Black Shadow wurden präsentiert. Traummaschinen wohl deshalb, weil sie jeder gerne gehabt hätte, sie aber kaum jemand wirklich gesehen, geschweige denn gefahren hatte. Dieses Motorrad war wie einige andere Maschinen eine Leihgabe des ebenfalls sehr sehenswerten Motorradmuseums in Eggenburg, ca. 75 km nord-westlich von Wien.
Mit der Vespa in eine neue Zeit
Am Ende des Ganges gelangte ich an einen Scheideweg. Zu meiner Rechten blickte ich auf eine Reihe von Roller, zu meiner Linken auf einen alten Volkswagen Käfer. Die Roller zeigten ein besonderes Lebensgefühl, beginnend mit der Vespa.
Doch nicht nur die legendäre Vespa wurde dort ausgestellt. Nein, auch die anderen damals sehr bekannten Rollermarken fanden ihre Würdigung. Die österreichische Antwort auf die Vespa: der Puch Roller. Das kuriose Goggomobil. Sogar eine Heinkel präsentierte sich in ihrer klassischen Form.
Der Volkswagen stand dafür, dass sich die Menschen nun schön langsam auch Autos leisten konnten und die Nachfrage für Motorräder sank. Den damals überwiegte die Suche nach dem optimalen Transportfahrzeug. Für Luxus war noch kein Platz.
An Platz mangelte es aber auch in anderer Hinsicht. Zu meinem großen Erstaunen zeigten Filme aus dem Jahre 1958 (!) dramatische Warnungen vor der überhandnehmenden Verkehrsflut und vor der ständig steigenden Anzahl der Verkehrsopfer.
Auch die ultimative Abhilfe gegen Unklarheiten bei Verkehrsunfällen wurde gezeigt. Eine Kamera in der Windschutzscheibe sollte Fotos machen, sobald das Auto stark abbremste. Und das war eine bereits im Jahre 1958 vorgeschlagene Idee!
Nach diesem Exkurs in die Welt der Automobile ging es aber in der Ausstellung wieder mit den Motorrädern weiter. Obwohl nun die Motorräder etwas aus der Mode gekommen waren, gab es sie natürlich weiterhin.
Motorräder als Filmstars
Eine gewisse Renaissance erlebten die Motorräder mit diversen Kinofilmen, wo die „Wilden auf der Maschine“ gänzlich frei von steifer Konvention über die Landstraßen brausten.
Als Vertreter dieses Lebensgefühls standen nun ein paar Fahrzeuge der Marke Harley Davidson in der Ausstellung. Dass man mit den Motorrädern auch etwas Gutes tun kann, zeigte mir dann ein TV Report.
Dieser schilderte mir eine alljährliche Sternfahrt, die Toy Run genannt wird. Bei dieser Veranstaltung fahren Biker aus allen Himmelsrichtungen einen bestimmten Punkt in Österreich an. Dabei führen sie Plüschtiere und dergleichen mit. Diese werden dann am Zielort versteigert und der Erlös einem wohltätigen Zweck zugeführt. Eine sehr interessante Variante von Fund Raising.
Rosarote Motorräder und andere Exoten
Doch damit war dem Außergewöhnlichen nicht genug. Gleich um die Ecke stieß ich auf drei sehr speziell ausgestattete Motorräder. Eines fuhr mit Lachgas (!) und seine Vorderseite war mit einer Gasmaske verziert, durch dessen Gläser die Scheinwerfer leuchteten.
Ein anderes war ganz in Rosa gehüllt, ein weiteres erinnerte in seiner Form und seinen Farben an ein Zebra. Das rosa Ding stammte von der Wienerin Frau Dr. Karin Mairitsch, die auch ein Buch mit dem Titel „Rosarot und Himmelblau“ über das Motorradfahren geschrieben hatte.
Leider durfte ich die Motorräder nicht berühren, durch ihre Position auf Podesten entlang den Wänden war auch die Rundumsicht nicht gegeben. Zwei Exemplare standen aber für ein Besteigen zur Verfügung. Zwei Plätze, die aber von den anwesenden Kindern stets tapfer verteidigt wurden.
Das Motorrad als Audiofile
Dafür hielt ich mal meine Ohren unter einem Paar Kopfhörer. Auf diese Art und Weise konnte ich mir ein paar Dutzend Soundfiles von Auspuffgeräuschen verschiedener Maschinen anhören. Dabei kam mir der Gedanke, irgendwann werden wir so weit sein, das Mopeds mp3 Player eingebaut haben. Dann klingen sie wie den ganz Großen.
Bezüglich Zukunft gab es aber auch andere Ankündigungen. So berichtete mir eine Schautafel, dass China der große Hoffnungsmarkt für die Motorradindustrie wäre. Die Chinesen wollen nämlich auch mobil sein, allerdings würde sich angesichts der großen Masse das Auto vorerst nicht anbieten.
Die Bedeutung von Motorradrennen
Die Motorradrennen haben eine besondere Bedeutung für die Motorrad-Industrie. So ist es nicht unwesentlich, welche Werksmannschaft solche Rennen wie Paris – Dakar gewinnt. Hier war die Ausstellung übrigens sehr aktuell. In einer Extratafel wurde auf zwei Sportler hingewiesen, die am 10.1.2005 und 11.2.2005 bei einem solchen Rennen verunglückten.
Ergänzend zu diesen Informationen konnte ich mir nun eine Reihe von Motorrädern ansehen, die bei solchen Rennen mitfuhren. Auch einige gefährlich aussehende Maschinen für Eisspeedway sorgten hier für Aufmerksamkeit.
Mein Motorrad vor der Eisdiele
Zum Abschluss absolvierte ich noch einen kleinen Test am PC. Folgsam gab ich dort meine Reisepräferenzen, Risikobereitschaft und Freizeitthemen ein. Als Resultat erfuhr ich jene Motorradtype, die ideal für mich wäre.
Als Vorschlag erschien die Yamaha RD 125. Etwas merkwürdig klang die Begründung. Sie lautete sinngemäß: Damit könne ich auch in Zukunft einmal in der Woche zur Eisdiele fahren, um dort einen Bananensplit zu genießen. Dabei mag ich gar keinen Bananensplit.
Fazit
Obwohl ich selbst kein Motorradfahrer bin, gefiel mir die Ausstellung „Schräglage“. Gab sie mir doch einen Einblick über die Rolle des Motorrades in der österreichischen Gesellschaft seit 1945. Zusätzlich überraschte sie mit dem einen oder anderen Prachtexemplar von Motorrad.