Im Januar 2008 besuchte ich die Ausstellung „Der Kuss der Sphinx – Symbolismus in Belgien“ im BA-CA Kunstforum in Wien. Dabei lernte ich die Stille und einen besonderen Duft kennen.
„Der Kuss der Sphinx – Symbolismus in Belgien“
Es war im Jahre 1886, als der französische Dichter Jean Moréas in seinem Manifest über den Symbolismus schrieb:
Die wesentliche Eigenschaft der symbolistischen Kunst besteht darin, eine Idee niemals begrifflich zu fixieren oder direkt auszusprechen.
War das jetzt verständlich? Mir nicht! Also musste ich mir wohl die Ausstellung ansehen und mir meine eigene Meinung bilden. So wandelte ich also zum BA-CA an der Wiener Freyung und tauchte in die Werke der belgischen Symbolisten ein.
Das Bild mit dem Duft
Gleich im ersten Raum begann ich langsam den Kerngedanken der Kunstrichtung zu verstehen. So sah ich das von Léon Frédéric gemalte Bild eines kleinen Mädchens, das schnuppernd durch eine Wiese voller üppiger Blüten schwebte.
Dieses Bild hieß „Duft“ und blitzartig wurde mir klar, worum es ging. Es sollte etwas so abgebildet werden, dass der Betrachter alleine durch die von den einzelnen Bildbestandteilen hervorgerufen Assoziationen darauf schließen könnte, was hier eigentlich dargestellt werden sollte.
Also keine genaue Darstellung, was ja bei abstrakten Begriffen auch etwas schwer ist. Auch keine Allegorie, wo eine Vielzahl von Attributen den Hinweis geben würde. Sondern eine Darstellung in einer Art, dass dem Betrachter der Duft förmlich in die Nase steigt.
Die Stille als Bild
Bei einem weiteren Bild konnte ich die neue Erkenntnis gleich erproben. Ein junger Mann, etwas entrückt dargestellt, hielt einen Finger vor den Mund, als wollte er mich zur Ruhe gemahnen. Und tatsächlich, das Bild hieß „Stille“.
Ehrlich gesagt funktionierte das aber nicht bei jedem Bild. Und auch die Motive waren nicht immer so fröhlich und positiv wie Duft oder Stille. Vor allem in der zweiten Hälfte der Ausstellung wurden die Bilder deutlich düsterer, stellenweise trat der Tod bedrohlich in den Vordergrund.
Das tote Brügge
Zum Beispiel in Brügge. Dem Geburtsort des Malers Fernand Khnopff, dessen Werke bei der Ausstellung einen besonderen Stellenwert einnahmen. 1892 schrieb George Rodenbach den Roman „Das tote Brügge“, in dem er über den Niedergang der von der Versandung bedrohten Hafenstadt schrieb.
Der Romantitel fand Niederschlag in einem besonders eindrucksvollen Ausdruck des Symbolismus. Eine Stadtansicht von Brügge mit der Gestalt einer liegenden Frau im Vordergrund, die wohl die tote Stadt symbolisieren sollte.
Im selben Raum sah ich noch einige andere Ansichten der Stadt Brügge, was mich sehr freute. Hatte ich doch vor vielen Jahren die Stadt mal selbst besucht. Allerdings fiel mir damals das Morbide nicht so auf, wie es mir nun in den Werken begegnete.
Eine Landschaft bei Nacht
Neben den Werken von Khnopff fielen mir noch Gemälde von Odilon Redon, George Minne, Constantin Meunier, Jean Delville und Félicien Rops auf.
Mein Liebling in der Ausstellung war diesmal der Künstler William Degouve de Nuncques, von dem einige Landschaftsaufnahmen gezeigt wurden.
So malte er eine Landschaft bei Nacht tatsächlich so, wie ich als Kind die Landschaft meiner Heimat bei nächtlichen Autofahrten wahrgenommen hatte. Eine blaugraue Dunkelheit, in der sich alles Gegenständliche nur durch seine Lichter ungefähr erahnen ließ.
Auch hatte er eine für mich beeindruckende Gabe, das Bedrohliche in einem Wald abzubilden, indem er zu einem nur die Stämme darstellte und die fehlenden Baumkronen in den Gedanken des Betrachters über seinem Haupt zusammenwachsen ließ.
Mein Freund, der Audioguide
Bei meinen Betrachtungen gut unterstützt wurde ich auch diesmal vom Audioguide. Zusätzlich zu den Informationen über die Werke und ihrer Meister zeigte er mir auch Bilder auf dem Display, die nicht in der Ausstellung zu sehen waren.
Dadurch konnte ich einigen Vergleichen, die der Audioguide zog, recht gut folgen. Auch waren wieder einige akustische Reize vorhanden. So ertönte Klaviermusik, während ich ein Bild betrachtete, wo eine Frau einem Klavierspieler lauschte.
Ein Bild, wo ich wieder sehr beeindruckt vom Können des Künstlers war. Man konnte den Klavierspieler auf dem Bild nicht sehen. Aber alleine die Haltung der in die Musik versunkene Zuhörerin ließ den Titel „Der Musik Schuhmanns zuhörend“ als richtig erscheinen.
Fazit
Die Idee, etwas darzustellen, ohne es direkt zu benennen, gefiel mir außerordentlich. Den düsteren Bildern des Todes standen auch Gemälde voller Lebensfreude und Erotik entgegen. So gesehen, war die Ausstellung „Der Kuss der Sphinx – Symbolismus in Belgien“ ein schönes Erlebnis und das ist jetzt nicht nur symbolisch gemeint.